Meine erste Bikepacking-Tour! Seitdem ich im Frühling ein Gravelbike gekauft habe, fieberte ich auf diesen Moment hin. Denn mit dem Gravelbike macht mir das Radfahren plötzlich doppelt soviel Spaß und denke ich nach jeder Radtour: wann geht’s wieder aufs Rad? Also hatte ich Bock, mal mehrere Tage an einem Stück zu graveln und unterwegs zu zelten. Also packte ich die Radtaschen ein, plante grob eine Bikepacking-Route zwischen Allgäu und Bodensee und los ging’s! In diesem Beitrag nehme ich dich mit auf mein erste Bikepacking-Tour in Deutschland.
Tag 1: Bikepacking vom See zum See in Deutschland
Endlich war es soweit! Meine ORTLIEB-Bikepackingtaschen wurden kurz vor dem Wochenende geliefert. „Hast du Bock auf radeln?“ schrieb ich einen Kumpel. Wir telefonierten kurz und entschieden uns, gleich am nächsten Tag loszufahren. Mir blieb genau noch genug Zeit, um mit komoot wenigstens halbwegs eine Bikepacking-Route für drei Tage im Süden von Deutschland zu planen und die Taschen am Gravelbike zu befestigen.
Am nächsten Tag holt der Kumpel mich ab und wir fahren gemeinsam nach Immenstadt im Allgäu. An einem nicht so idyllischen Parkplatz startet unsere Bikepacking-Tour. Mir ist das ziemlich egal; die Vorfreude ist einfach riesig. Wir machen einen letzten Check: haben wir echt alles dabei? Und dann los geht’s! Der erste Teil der Strecke führt uns am Alpsee in Immenstadt vorbei. Die Sonne scheint, wir haben Rückenwind und der Radweg ist perfekt – es ist recht entspannt. „Komoot will hier rechts abbiegen“, rufe ich meinen Kumpel zu. Tja, entweder man will gravelbiken oder man will es nicht 😉 Wir verlassen den gut asphaltierten Radweg und biegen auf eine steile Schotterstraße ab, der sich schon bald in einen schmalen Radweg verwandelt. Es macht mega viel Spaß, abseits der bekannten Wegen zu fahren. Und die Salmaser Höhe zwischen Immenstadt und Oberstaufen bietet uns die ersten gute Ausblicke. Kurz vor Oberstaufen kommen wir dann wieder auf einer Schotterstraße, die uns weiter durch den Wald nach Eibele führt. Plötzlich sehe ich ihn: etwas abseits vom Ort im Wald versteckt stürzt das Wasser vom Eibele Wasserfall sich ein paar Meter und die Tiefe. Wir fahren zum Ufer. „Ist dir auch so warm?“ fragt mein Kumpel. Wir schauen uns an; wir denken das gleiche. Wir lassen die Räder stehen und hüpfen in das frische Wasser. Ahhh, tut das gut!
Steile Ansteige & geile Ausblicke im Naturpark Nagelfluhkette
Und die Erfrischung wird gebraucht, denn danach geht es so möglich nach steiler bergauf. Steile Anstiege sind – auch nach zwei Jahren im Allgäu – noch immer nicht meine Stärke. Vor allem nicht, wenn man sie auf ganz losem Schotter oder wurzeligen Waldwegen meistern muss. Ich trete kräftig in die Pedale. Noch kräftiger. Aber ich muss ehrlich zugeben: die letzten Meter muss ich einfach schieben. Schnaufend stehe ich oben am Berg. Ich schaue auf meine Schuhe – die voller Matsch sind. Dann schaue ich vor mir. Wow! Die Aussicht ist phänomenal! Wir befinden uns mittlerweile im Naturpark Nagelfluhkette, auf der österreichischen Seite. In der Ferne sehe ich hunderte Gipfel, davon einige noch mit Schnee bedeckt.
Rasante Abfahrt nach Bregenz am Bodensee
Nach dem Aufstieg folgt die Abfahrt: teilweise über Trails, teilweise über Asphalt. Die Mischung macht es: genau das ist aus meiner Perspektive perfekt mit dem Gravelbike. Noch ein letztes Mal kämpfen wir uns danach einen Buckel hoch und dann kommt einer der lässigsten Abfahrten, die ich je erlebt habe. Wir lassen uns über die Schotterstraße durch den Wald nach Bregenz rollen. Es ist einfach nur herrlich. Wo wir den ganzen Tag fast alleine unterwegs waren, befinden wir uns nun plötzlich im lebendigen Stadttreiben. Wir kaufen uns Eis und schlendern damit an den Ufer vom Bodensee. YES! Ich wollte schon immer mal vom Allgäu an den Bodensee radeln und heute habe ich es wirklich geschafft. Der erste Tag unserer Bikepacking-Tour in Deutschland endet auf einem Campingplatz am Bodensee. Wenn auch der Preis (46€ für 2 Personen und Zelt) mich etwas schlucken lässt, freue ich mich mega, dass wir vom Campingspot direkt an den See-Ufer spazieren können. Wenn das Zelt steht, machen wir das auch und lassen den Tag gemütlich mit einer Brotzeit ausklingen. Das Wasser schwappt sanft gegen die runden Kieselsteine. Die Sonne geht unter. Wir krabbeln in das Zelt und pennen sofort ein.
Tag 1 Bikepacking in Deutschland: Vom Alpsee in Immenstadt im Allgäu nach Bregenz am Bodensee
🕑 Fahrzeit: ca. 4,5-5 Stunden
⟷ Distanz: 56,7 km
↗️ Höhenmeter: 1000 m hoch und 1340 m runter
🚲 Wegbeschaffenheit: Ca. 80 % Aspahlt und 20% Wald- und Schotterwege und ein paar Trails
💡 Vorraussetzungen: –
💪🏻 Schwierigkeitsgrad: mittelschwer
📌 Startpunkt: Immenstadt im Allgäu
🚍 Öffis: Bahnhof Immenstadt
⛺ Übernachtung: Seecamping Bregenz*
Tipp: Diese Route beinhaltet einige MTB-Trails. Auf komoot kannst du gut sehen, wo die Single-Trails sind. Wenn du Lust auf ein bisschen Abenteuer hast, sind die Trails echt cool. Ansonsten empfehle ich, diese eher zu vermeiden und über den normalen Radweg zu fahren.
Tag 2: Radeln am Bodensee und weiter ins Inland
Wie so oft beim Zelten, wachen wir früh auf. Und wie so oft beim Campen, dauert es aber trotzdem ewig, bevor wir loskommen. Ach, auch die chilligen Morgen am Campingplatz gehören beim Bikepacking dazu. Also hüpfe ich erstmal in den Bodensee und danach kochen wir Wasser für das Frühstück. Daheim habe ich schon Müsli mit Hafermilchpulver gemischt, sodass wir das jetzt nur noch in heißes Wasser unterrühren müssen. Bananenstücke dazu, Kaffee kochen und wir haben ein perfektes Campingfrühstück am Bodensee.
Am Bodensee nach Friedrichshafen
Nach dem Frühstück legen wir los. Die erste Strecke führt uns heute direkt am Bodensee entlang. Was für ein Kontrast mit gestern: am Bodensee teilen wir den Radweg mit Dutzende andere RadfahrerInnen. Wir fahren durch Lindau und weiter über die Ufer-Promenade. Der Blick auf den See und dahinter die Alpen ist herrlich. Es ist super sonnig und viele WassersportlerInnen nutzen das gute Wetter zum Segeln. Manchmal sind wir direkt am Wasser, manchmal fahren etwas weiter vom Ufer entfernt an den Obstbäumen vorbei. Nach etwa 20 Kilometern erreichen wir Kressbronn mit einem tollen Kiesstrand und der sanierten Werft. Wir steigen vom Rad, um uns ein bisschen umzugucken. Genau so machen wir es auch in Langenaren, wo man bei Schloss Montfort wieder einen sehr schönen Blick hat. Mittlerweile knurrt der Magen. „Pommes in Friedrichshafen?“ frage ich meinen Kumpel. „Los geht’s!“ bestätigt er. Gegen Mittag radeln wir auf den Marktplatz in Friedrichshafen und steigen ab. Meine Mission: Pommes finden. Währenddessen holt uns mein Kumpel noch etwas Süßes vom Markt. Mit den ganzen Leckereien setzen wir uns and ie Promenade und lassen die Beine baumeln. Bikepacking at its best!
Weiter durch das Inland ins Westallgäu
Nach unserer kleinen Schlemmerei geht es weiter ins Inland. Wälder und Wiesen prägen die Landschaft. Die breiten Waldwege sind perfekt zum Graveln. Die Aussicht auf diesem Abschnitt fehlt vielleicht ein bisschen, aber dafür machen wir nun ordentlich Kilometer. Wenn wir den Tettnanger Wald verlassen, kommt die Aussicht auf die Berge aber wieder zurück. Manchmal lohnt es sich für den Bergblick eben, ein bisschen weiter weg von den Bergen zu fahren. So langsam sollten wir uns nun Gedanken über einen Schlafplatz für heute Nacht machen. Wir entscheiden uns für einen Campingplatz etwas nördlich von Lindau und finden eine tolle Strecke, der uns unter anderem am Muttelsee vorbeiführt. Wir bauen noch ein paar Trails ein und gehen dann einkaufen, bevor wir den Campingplatz erreichen. Es ist immer wieder die große Frage beim Bikepacking: wo verstaut man die Lebensmittel? Wir kriegen es wieder hin und fahren auf den Campingplatz. Doch die Rezeption ist schon geschlossen. Ach, dann zahlen wir eben morgen. Noch keine zehn Minuten verbringen wir auf der Zeltwiese. Irgendwie haben wir uns das etwas leiser, idyllischer und entspannter vorgestellt heute. Dann schauen wir uns an: doch noch was anderes suchen? Wir öffnen die Nomady-App. Es gibt noch Platz bei einem Bio-Bauernhof. Dafür müssen wir aber noch etwa 45 Minuten radeln. Etwas widerwillig schwinge ich mich wieder aufs Gravelbike. Treten, treten, treten. Wenn dann aber etwa 1,5 Stunden später das Zelt unter einem Apfelbaum steht und wir im See liegen, bin ich überglücklich. Wer braucht schon eine Dusche, wenn es einen See gibt?
Tag 2 Bikepacking in Deutschland: Von Bregenz am Bodensee nach Friedrichshafen und weiter nach Primisweiler
🕑 Fahrzeit: ca. 6 Stunden
⟷ Distanz: 82,9 km
↗️ Höhenmeter: 640 m hoch und 500 m runter
🚲 Wegbeschaffenheit: Ca. 70 % Asphalt, 30 % Wald- und Schotterwege, 1-2 kurze Trailabschnitte
💡 Vorraussetzungen: –
💪🏻 Schwierigkeitsgrad: mittelschwer
📌 Startpunkt: Bregenz
⛺ Übernachtung: Nomady-Campspot neben Biohof
Achtung: durch unsere Campingspot-Suche sind wir einige Umwege gefahren. Die muss du natürlich nicht nachmachen 😉 Damit kannst du die Tour sicherlich auf ca. 75 km kürzen.
Tag 3: Durch das Westallgäu zurück zum Alpsee in Immenstadt
Guten Morgen! Wenn ich den Reisverschluss vom Zelt aufmache, werde ich begrüßt von den Bauernhoftieren. Wir frühstücken in der Morgensonne und packen dann ein letztes Mal unser Zeug zusammen. Der letzte Tag unserer Bikepacking-Tour in Deutschland führt uns durch das wunderschöne Westallgäu. Mich begeistern heute vor allem die geilen Gravelstrecken, Wasserfällen und malerischen Orten. Bis nach Lindenberg im Allgäu müssen wir ordentlich in die Pedale treten. „Wollen wir noch einen Abstecher zum einem Wasserfall machen?“ frage ich mein Bikepackbuddy. Rundum Scheidegg gibt es einige tolle Wasserfälle. Wir entscheiden uns für die Hasenreuter Wasserfälle, die etwas im Schatten der viel bekannteren Scheidegger Wasserfälle stehen. Wir stellen die Räder oben an der Straße ab und laufen über steile Studen zu dem Punkt, wo der Rickenbach in die Tiefe stürzt. Hier können wir uns abkühlen, bevor wir weiterradeln. Zunächst kommt ein rasanter Abstieg nach Weiler im Allgäu, dann ein herausfordernder Anstieg über Simmerberg nach Genhofen. Wir fahren heute zwar nicht so viele Kilometer, dafür aber ordentlich Höhenmeter. Aber die Ausblicke belohnten jede Anstrengung.
Über Oberstaufen zurück zum Alpsee in Immenstadt
Für die letzten Kilometer entscheiden wir uns für die Strecke über Oberstaufen zum Alpsee. Somit können wir auch noch eine letzte Kaffee- und Kuchen-Pause einlegen. Das machen wir kurz nachdem wir durch die Innenstadt von Oberstaufen geradelt sind, im sonnigen Garten von Wirtshaus beim Strumpfar. Statt Kaiserschmarren gibt’s hier Allgäuer Semmelschmarrn. Die alteingesessene Version des Kaiserschmarrns wurde aus der Not heraus erfunden. Die Bauern konnten sich früher oftmals keine Verschwendung jeglicher Lebensmittel leisten und so wurde aus alten Semmeln ein neues Lieblingsgericht gezaubert. Und schmecken tut der auf jeden Fall, vor allem auch mit dem hausgemachten Rhabarber-Marmelade. Gut gestärkt fahren wir danach weiter zum Alpsee. Natürlich wollten wir am Ende noch ein cooles „Geschafft!“-Bild machen, aber ganz so einfach ist es nicht, ein voll beladenes Fahrrad über den Kopf zu heben. Lachend tue ich noch einen Versuch. Es klappt. Geschafft!
Tag 3 Bikepacking in Deutschland: Von Primisweiler durch das Westallgäu zum Alpsee in Immenstadt
🕑 Fahrzeit: ca. 3,5-4 Stunden
⟷ Distanz: 61,9 km
↗️ Höhenmeter: 960 m hoch und 770 m runter
🚲 Wegbeschaffenheit: Ca. 90 % Aspahlt und 10 % Wald- und Schotterwege
💡 Vorraussetzungen: –
💪🏻 Schwierigkeitsgrad: mittelschwer
📌 Startpunkt: Buchloe
🚍 Öffis: Bahnhof Buchloe, u.a. von München und Ulm erreichbar