Im Südosten vom Allgäu, nahe der Stadt Füssen, liegt ein wunderschönes, unberührtes Naturschutzgebiet: die Ammergauer Alpen. Wenn du am Fuß des Gebirges stehst, kannst du dir kaum vorstellen, dass wandern dort möglich ist. Doch die raue Schönheit der Ammergauer Alpen ist erstaunlich gut begehbar. Ein Vorteil ist, dass dieser Teil der Alpen weniger bekannt ist als die benachbarten Gebirgszüge, so dass du die Ruhe und Stille der Natur noch besser erleben wirst. Eine der schönsten Wanderungen während meiner Wanderreise im Allgäu war die Kesselrunde ab der Kenzenhütte in den Ammergauer Alpen. Und wenn du weiterliest, wirst du verstehen, warum!
Werbehinweis: Dieser Artikel enthält Werbung für meinen Kooperationspartner Allgäu GmbH, der mich zu dieser Reise eingeladen hat. Alles, was du in diesem Artikel liest, beruht auf meinen eigenen Erfahrungen und Meinungen.
Begrüßung auf der Kesselrunde durch röhrende Hirsche (nahe der Kenzenhütte)
An diesem schönen Samstagmorgen sind wir natürlich nicht die einzigen, die mit dem Kenzenbus in die Berge fahren wollen. Der Kenzenbus ist die einzige Möglichkeit, mit dem Auto auf den Berg zu fahren. Die Alternative ist eine Wanderung auf der Königsalpen-Route von Halblech zur Kenzenhütte, die etwa 3,5 Stunden dauert. Da wir uns für die Kesselrunde Zeit lassen wollen, entscheiden wir uns für den Bus zur Kenzenhütte, stellen unsere Rucksäcke zwischen die Ausrüstung der anderen Wanderer und setzen uns rein. Die anschließende Fahrt ist wunderschön. Manchmal fahren wir parallel zum Fluss und je höher wir kommen, desto mehr felsige Berge sehen wir. Ich kann es kaum erwarten, auszusteigen und loszuwandern. Meine Mitwanderer, eine kleine Gruppe von Outdoor-Bloggern, Journalisten und Fotografen, schauen ebenfalls begeistert aus dem Fenster. Früh dran sind wir heute eher nicht, aber das hat den Vorteil, dass die Sonne die Morgenwolken bereits aufgelöst hat. Im Schatten ist es noch etwas kühl, das merken wir, als wir an der Kenzenhütte aussteigen. Nun gut, wir müssen einfach loslegen.
Und so beginnen wir mit der Wanderung, während die Berge auf der anderen Seite des Tals immer mehr Sonnenstrahlen einfangen. Plaudernd überwinden wir die ersten Höhenmeter, bis wir plötzlich ganz still sind. Aus dem Wald kommt ein Geräusch. Ein „Ur-Geräusch“, könnte man es nennen. Tom Hennemann, Gebietsbetreuer des Ostallgäus und unser Wanderguide für den Tag, bittet uns mit Gesten um Ruhe und schnuppert. „Riecht ihr den süßen Duft?“ flüstert er. Dann hören wir noch mal das gleiche Geräusch im Wald. „Es ist Brunftzeit“, erklärt Tom leise, „Was man hört, ist das Röhren der männlichen Hirsche und was man riecht…“ Er lächelt. „Sagen wir einfach, der Hirsch ist ziemlich aufgeregt.“ Wir versuchen, nicht zu laut zu lachen. Vielleicht sehen wir die Hirsche wenn wir leise sind! Und tatsächlich, ein paar Minuten später läuft der Hirsch munter durch eine Waldlichtung. Auf der Suche nach einem Weibchen.
Der Kessel: eine gigantische, eingestürzte Höhle
So schnell wie der Hirsch aufgetaucht war, verschwindet er auch wieder im Wald. Wir gehen weiter bergauf. Zuerst durch den Wald zum Bäckenalmsattel und dann etwas steiler bis zum Kessel. Der Kessel ist ein tiefer Krater, der von Bergen umgeben ist. Tom Hennemann erklärt, wie er entstanden ist: „Früher gab es hier eine riesige Höhle. Das Dach stürzte ein und übrig blieb ein tiefes Loch.“ Ich kann mir kaum vorstellen, dass dies einmal eine Höhle gewesen sein soll, so spektakulär groß ist der Krater.
Wir setzen unsere Route am Rande des Kessels entlang fort. Ab hier wird die Wanderung anspruchsvoller, da die Wege schmaler, steiler und felsiger werden. Wer trittsicher ist und ein paar Höhenmeter nicht scheut, wird diesen Teil der Wanderung sicher genießen können. Denn mit zunehmender Höhe wird die Aussicht immer besser. Wir schlängeln uns eine Serpentine nach der anderen hinauf und können immer tiefer in den Kessel hineinsehen.
Eine kurze Gratwanderung zum Hasentalkopf (optional)
Als ich den höchsten Punkt erreiche, halte ich den Atem an. Was für eine spektakuläre Aussicht! Auf der einen Seite der Kessel und auf der anderen ein tiefes Tal mit weiteren Berggipfeln dahinter. Ich stehe und beobachte atemlos. Ab hier geht die Kesselrunde wieder bergab in Richtung Kenzenhütte, aber einer meiner Mitwanderer beschließt, noch einen Gipfel zu besteigen. „Kommst du mit?“, ruft Hans, als er über den Grat zum Hasentalkopf geht. Auf jeden Fall! Insgeheim hatte ich schon sehnsüchtig auf diesen Grat mit einem noch höheren Gipfel in der Ferne geblickt. Ich kann es kaum erwarten, dieses kurze Stück Gratwanderung zu bewältigen.
Eine knappe halbe Stunde später stehen wir auf dem Hasentalkopf: Die Aussicht ist noch atemberaubender als zuvor. Wir können 360 Grad um uns herum sehen: nur Berge und Täler. Vor uns liegt der felsige Grat, und wenn wir ihn nicht gerade selbst überquert hätten, hätte ich kaum geglaubt, dass man ihn überhaupt überqueren kann. „Gipfel-Foto?“, fragt Hans. Das gehört natürlich dazu. Und dann wird es Zeit, zurück zur Gruppe zu gehen, die wir etwas ein ganzes Stück tiefer im Tal bei sehen.
📷 rechts: Hans Sterr/Alpinbilder
Zurück zur Kenzenhütte und ein Abstecher zum Wasserfall
Wir schließen uns den anderen an und gehen das letzte Stück der Bergtour. Der Weg führt zunächst steil bergab über einen felsigen Pfad und dann durch frische grüne Wiesen. Ich kann den Duft der warmen Kiefern riechen, die die späte Nachmittagssonne einfangen. Wir erreichen den Waldrand und steigen das letzte Stück auf einem breiten Waldweg ab. Als wir in der Nähe der Kenzenhütte sind, höre ich wieder das Röhren der Hirsche. Noch immer auf der Suche nach einem Weibchen. Oder wieder?
Die Terrasse der Kenzenhütte sieht verlockend aus. Nicht nur für uns, es sitzen überall Wanderer und Radfahrer: an Tischen, auf großen Steinen, am Rande vom Wanderweg. Ganz schön lebendig hier! Damit wir später leichter einen Platz finden – viele Leute verlassen den Berg mit dem letzten Bus um 18 Uhr – machen wir noch einen kurzen Abstecher zum Kenzenwasserfall. Es lohnt sich! Das Wasser fällt elegant etwa zehn Meter in die Tiefe und fließt dann als Bach weiter. Der Wasserfall ist von viel Grün umgeben und die großen Felsen laden zum Kraxeln ein. Platsch! Ich spüre, wie meine Socken langsam nass werden. „Komm, lass uns noch ein Selfie machen und dann gehen wir zurück, Janna“, lacht Claudia vom Outdoor-Blog Aktiv durch das Leben. Gesagt, getan, und fünfzehn Minuten später stoßen wir auf der mit einem eiskalten Getränk auf einen wunderbaren Wandertag an.
Übernachtung in der Kenzenhütte in den Ammergauer Alpen
Du möchtest nach der Wanderung noch etwas länger in den Bergen bleiben? Kann ich nachvollziehen! Statt mit dem letzten Bus zurück nach Halblech zu fahren, kannst du auch eine Nacht in der Kenzenhütte verbringen. Ich kann es dir nur empfephlen, denn hier ist es wirklich gemütlich. Um 18:30 Uhr gibt es Abendessen für alle Gäste und danach hast du bis 22 Uhr Zeit, um zu quatschen, Spiele zu spielen, zu duschen und dann… gilt ab 22 Uhr Hüttenruhe. Abgesehen von dem gelegentlichen Knarren, wenn jemand den Flur entlang zur Toilette geht, hörst du ab dem Moment gar nichts mehr. Nun ja, das ist Teil des Charmes einer Berghütte. Im Dunkeln kichern wir – ja, auch das macht eine Berghütte mit einem – noch eine Weile in unserem ‚Mädchenzimmer‘ mit Hochbett. Als ich von unten keine Antwort auf die Frage bekomme, ob meine Zimmergenossin das Röhren der Hirsche gehört hat, falle ich in einen tiefen Schlaf.
Netter Fakt: Siehst du eine Frau mit einem blonden Zopf herumlaufen? Das ist Franzi, Mitte 20 und Pächterin der Kenzenhütte. Total cool, oder?
Praktische Informationen: Die Kenzenhütte ist je nach Wetterlage vom 1. Mai bis Mitte/Ende Oktober geöffnet. Je nachdem, ob du nur Frühstück oder auch Abendessen möchtest, ob du zu zweit oder mit mehreren ein Zimmer teilst, liegen die Preise zwischen 20 € und 46 € (2021). In der Hütte gibt es keinen WLAN und kaum Empfang. Weitere Informationen findest du auf der Website der Kenzenhütte.
Wanderung Kesselrunde ab Kenzenhütte
🕑 Wanderzeit: ca. 4 Stunden
⟷ Distanz: 6 km
↗️ Höhenmeter: 460 m hoch und runter
💡 Vorraussetzungen: Trittsicherheit, schwindelfrei
💪🏻 Schwierigkeitsgrad: mittel
📌 Startpunkt: Kenzenhütte
🚍 Öffis: Kenzenbus ab Kenzenparkplatz Halblech (erreichbar mit Bus 73 Füssen – Halblech
📷 Titelbild: Hans Sterr