Wanderung mit Hüttenübernachtung im Winter: Staufner Haus im Allgäu

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“Schneeschuhe mitnehmen oder daheim lassen?” frage ich meinen Wanderfreund. Der Winter fühlt sich aktuell, eigentlich mitten im Winter, fast nach Frühling an. Ein Blick auf die Webcam am Hochgrat zeigt uns aber, dass es am Berg winterlich sein wird. Durch diese Winterlandschaft möchten wir wandern und… sogar eine Nacht dort am Berg bleiben. Denn wir machen eine Wanderung mit Hüttenübernachtung im Staufner Haus – ja, im Winter. Also: los geht’s. Aber davor müssen wir die Frage der Schneeschuhe noch klären 😉

Spontane Wanderung mit Hüttenübernachtung im Staufner Haus

Hüttenwandern im Sommer liebe ich. Ob das wohl auch im Winter geht? Ich wollte es diesen Winter unbedingt mal ausprobieren. Als ich mir an einem Mittwoch den Wetterbericht für das Wochenende anschaue und zwei gelbe Sonnen sehe, öffne ich direkt das Hüttenportal von Alpenvereinsaktiv. Ich filtere auf Hütten, die im Winter geöffnet haben und schaue mir ein paar Berghütten in Bayern und Tirol an. Beim dritten Versuch habe ich Glück: das Staufner Haus im Allgäu hat noch zwei frei Plätze im Lager. “Hast du am Wochenende Zeit?” schreibe ich meinen Wanderfreund. Ping. “Ja” ist die Antwort. Ich denke nicht weiter nach und buche die zwei Plätze. “Dann geht’s zum Staufner Haus“, schreibe ich zurück. 

Winter oder Frühling?

Am Samstagmorgen also stehen wir verzweifelt mit den Schneeschuhen in der Hand. Mitnehmen oder nicht? Wir entscheiden, sie gegen Grödel* zu tauschen. Die kleinen Spikes funktionieren wie kleine Schneeketten für die Wanderschuhe und verleihen so Halt auf winterlichem Untergrund. Zudem kommen natürlich der Hüttenschlafsack und andere Übernachtungsausrüstung in den Rucksack. Danach fahren wir zum Parkplatz Hochgratbahn in Oberstaufen, im südwestlichen Allgäu. Von dort wandern wir auf einem sonnigen Wanderweg zur Oberstiegalpe. Die Alpe ist heute geschlossen, aber die Bänke bieten einen wunderbaren sonnigen Platz für die erste Pause. Und für eine kleine Umkleide-Aktion. Die Steigung ist mäßig, aber ich bin schon ganz schön ins Schwitzen gekommen. Die Thermolegging unter meiner Wanderhose ist an diesem frühlingshaften Wintertag wohl etwas zu viel des Guten und wird ausgezogen, sowie der Pulli.

Winterlich wandern über die Nagelfluhkette

Nach den ersten zweihundert Höhenmetern kommt aber langsam der Winter zurück und wir ziehen die Grödel über unsere Wanderschuhe. Kurz vor der Schneeloch Alpe biegen wir links ab und dann geht’s zügig bergauf. Wir wandern zur Falkenhütte. Und ja, hier herrscht nun echt Winter. Am Lift ist es ein lebendiges Treiben mit kleinen Grüppchen Jugendlicher, den das Skifahren beigebracht wird. Der ursprüngliche Plan war ab der Alpe über den Falken und dann weiter über die Nagelfluhkette zum Hochgrat zu wandern. Aber die Uhr tickt. Wegen dem rutschigen Schnee – und ja, okay, auch wegen dem Pausemachen – sind wir nicht so schnell als gedacht. Ich plane schnell um in der Wander-App: wir lassen den Schlenker zum Gipfel aus und wandern direkt auf die Rohnehöhe. Dort startet ein herrlicher Gratweg. Es ist ein Teil der Nagelfluhkette, der sich vom Hochhäderich im Bregenzerwald über den Hochgrat bis zum Mittag über Immenstadt erstreckt. Benannt wurde die Nagelfluhkette nach dem hier vorkommenden Gestein. Der Nagelfluh besteht aus Flusskieseln, die zu einem Konglomerat verbacken wurden. Er setzt sich also aus zahlreichen einzelnen Steinen zusammen. Einheimische nennen ihn auch „Herrgottsbeton“, da das Phänomen früher unerklärlich schien und daher dem Eingreifen des Herrgottes zugeschrieben wurde.

Sonnenuntergang am Staufner Haus

Wir genießen immer wieder tolle Ausblicke. Auf der linken Seite liegt das hügelige Voralpenland. Auf der rechten Seite sind die schneebedeckten österreichischen und schweizer Alpen zu sehen. Wir wandern über schmale Pfade, manchmal mit Drahtseil versichert, und überqueren Schneefelder. Kurz vor dem Seelekopf, unweit von unserem heutigen Ziel, entscheiden wir uns um den Gipfel herum zu laufen und so möglicherweise noch vor Sonnenuntergang bei der Hütte anzukommen. Nachdem wir etwa eine Viertelstunde einen steilen Hang mit instabilen Schnee gequert haben, müssen wir aber zugeben: die Entscheidung war falsch. Die Chance auf eine Lawine ist nach unserer Einschätzung zu groß. Wir haben zwar die Lawinenausrüstung dabei, aber das Risiko wollen wir gar nicht erst eingehen. Also kehren wir wieder um und wandern doch den Weg über den Gipfel. Auf den letzten Metern über den Grat geht dann schon langsam die Sonne unter und sorgt für ein magisches Farb- und Lichtspiel. Vom Staufner Haus, der nördlich etwas unterhalb vom Grat liegt, kommen sogar einige Wanderer wieder hoch, um sich das Naturschauspiel anzugucken. Wir setzen uns zu ihnen und genießen mit.

Hüttenabend & Übernachtung im Staufner Haus

Wenn unser Hintern fast am Boden festgefroren ist, ist es Zeit, bei der Hütte einzuchecken. Mit einem aufgeweckten „Grüßt euch!“ werden wir im Staufner Haus willkommen geheißen. Wir kriegen zwei Bette im der Kaminecke zugewiesen und können uns danach direkt zu den anderen Wanderern in der Gaststube setzen, denn das Abendessen wird gleich serviert. Kässpatzen mit Salat: das perfekte Hüttenessen. Wir kommen ins Gespräch mit zwei junge Frauen, die wir vorher schon am Grat begrüßt hatten. „Wo seid ihr eigentlich lang – plötzlich haben wir euch nicht mehr gesehen?“ fragt uns die eine. „Frag nicht“, lache ich. Wir tauschen ein paar Wandergeschichten aus und spielen Karten. Dass uns jemand vom Hüttenteam die letzte Getränkerunde angekündigt hatte, ist schon längst vorbei, wenn auch die Lichter um uns herum ausgeschaltet werden. Ups. In Dunklen putzen wir unsere Zähne und verabreden uns flüsternd noch schnell, um uns morgen bei Sonnenaufgang zu treffen.

Der frühe Vogel…

Am nächsten Morgen treffe ich die zwei Mädels unten an der Hütte, ausgerüstet mit Stirnlampe und Grödeln. Es ist kalt. Sehr kalt. Wir gehen also flott auf den Grat und suchen uns ein schönes Plätzchen, um auf die aufgehende Sonne zu warten. Es dauert nicht lange, bevor die ersten Sonnenstrahlen über die Gipfel kommen und die Berglandschaft in ein sanftes Licht hüllen. „Der beste Moment des Tages“, seufzt eine meiner Mitgenießerinnen, „Ich liebe es, wenn der Tag so startet.“ Wir stimmen zu. Wir bleiben noch eine Weile in Stille sitzen und laufen dann zum Staufner Haus zurück. Wenn wir noch frühstücken wollen, müssen wir schnell sein. Wir fügen uns bei meinem Wanderfreund, der sich für eine extra Stunde Schlaf entschieden hat, und einigen anderen Wanderern. Das Gesprächsthema: wer geht welchen Abstieg heute. Die Mischung aus Frühling und Winter macht die Tourenplanung nicht einfach. Wir tauschen Erfahrungen vom Vortag aus und helfen einander, eine sichere Routenauswahl zu treffen. Wir entscheiden uns, zuerst den Hochgrat zu besteigen, danach weiter über den Grat zu gehen und über die Brunnenauscharte abzusteigen.

Genialer Gratweg zum Hochgrat und… Abbruch der Tour

Wanderung Grat Hochgrat Allgäu Winter

Am Hochgrat freue ich mich riesig über unsere Wahl. Sowohl der kurze Gratweg dorthin als die Aussicht am Gipfelkreuz sind genial. Wir laufen weiter über den Grat in östlicher Richtung. Oder laufen… Irgendwann pumpt bei mir das Herz doch ganz laut, wenn ich links und rechts den tiefen Abgrund sehe. Ich setze mich auf den Hintern und schiebe so eine Weile über den verschneiten Grat. Ich lache ganz lauf über mich selber. Hier habe ich wohl mine Komfortzone etwas zu weit verlassen. Zum Glück wird der Pfad wieder breiter und der Abstieg zur Brunnenauscharte läuft weiterhin zügig. Wir werfen noch einen letzten Blick auf die weitere Nagelfluhkette vor uns, nehmen uns vor, den restlichen Weg mal im Sommer zu gehen, und steigen dann auf dem sehr schmalen Weg ab. Wir kommen nicht weit. Den Weg sieht man wegen dem Schnee kaum, der zu queren Hang ist steil und wir sind uns beide absolut nicht mehr sicher, dass das die richtige Entscheidung war. Zeit für ein Austausch. „Ich glaube, ohne Steigeisen und Pickel wird das hier ganz schön gefährlich,“ sagt mein Wanderfreund. Es ist schwer einzuschätzen, ob es sich um ein paar Meter oder ein paar hundert Meter handelt. Ich möchte eigentlich nicht unbedingt über den Gratweg zurück. Aber abstürzen will auch keiner. Schweren Herzens beschließen wir zurück zum Staufner Haus zu wandern. Ab der Hütte gibt es auch einen leichteren Abstieg ins Tal, der für die aktuelle Schneesituation definitiv die bessere Wahl ist. Die erste halbe Stunde sagt keiner von uns was. Aber dann freuen wir uns eigentlich über unsere Entscheidung und genießen den restlichen Tag. Und als ob es so sein sollte: an der Talstation der Bergbahn treffen wir die beiden Mädels wieder. Ha, dann können wir noch schön ein paar interessante Wandergeschichten austauschen, bevor wir alle wieder nach Hause fahren.

Hüttenwanderung mit Übernachtung im Staufner Haus im Winter

Tag 1: Über die Falkenhütte zum Staufner Haus

🕑 Wanderzeit: ca. 3 bis 4 Stunden (je nach Schneelage)

⟷ Distanz: 8,9 km

↗️ Höhenmeter: 890 m hoch, 90 runter

💡 Vorraussetzungen: Trittsicherheit, wintertaugliche Ausrüstung und Bekleidung

💪🏻 Schwierigkeitsgrad: mittel

📌 Startpunkt: Parkplatz Hochgratbahn

🚍 Öffis: Regionalbahn nach Oberstaufen, Bus 91 zur Hochgratbahn

Tag 2: Vom Staufner Haus ins Tal

🕑 Wanderzeit: ca. 2 Stunden (je nach Schneelage)

⟷ Distanz: 5,6 km

↗️ Höhenmeter: 38 m hoch, 790 runter

💡 Vorraussetzungen: Trittsicherheit, wintertaugliche Ausrüstung und Bekleidung

💪🏻 Schwierigkeitsgrad: mittel

📌 Startpunkt: Staufner Haus

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