„Gipfelglück hängt nicht von der Höhe des Berges ab,“ sagt Alix von Melle. Wir sitzen nach einer Bergtour wieder auf der Schwarzwasserhütte. Unsere Guide schien die Tour heute zu genießen, auch wenn sie als Höhenbergsteigerin schon die eine oder andere 8000er dieser Welt gesehen hat. Dass sie dieses Wochenende führt, macht es noch mal etwas besonderer als es ohnehin schon ist. Neben Wanderungen im schönen Kleinwalsertal machen wir auch noch Yoga. Wandern und Yoga ist die perfekte Kombination um zu entschleunigen und Kraft zu sammeln in den Bergen. Aber lass uns doch zurück zum Anfang vom Yoga- & Wanderwochenende von der Bergschule AMICAL ALPIN gehen.
Werbehinweis: Dieser Artikel enthält Werbung für meinen Kooperationspartner Amical Alpin, der mich zu diesem Wochenende mit Yoga und Wandern eingeladen hat. Alles, was du in diesem Artikel liest, beruht auf meinen eigenen Erfahrungen und Meinungen.
Aufstieg zur Schwarzwasserhütte
Am Freitagnachmittag fahre ich auf den Nachtparkplatz der Ifenbahn. Ich sehe, wie sechs andere Frauen ihre Rucksäcke noch mal packen, doch eine kurze Hose anziehen oder die Wanderschuhen schnüren. „Du bist bestimmt Janna.“ Die Stimme der Frau ist klar, ihre blonden Haare zusammengebunden und ihr Händeruck fest. Es ist Alix von Melle, Höhenbergsteigerin, Yogalehrerin und unser Guide für das Wochenende. Noch fünf andere Frauen haben sich für das Yoga- und Wanderwochenende mit Hüttenübernachtung von der Allgäuer Bergschule AMICAL ALPIN angemeldet. Wir sehen uns heute zum ersten Mal. Dass man das in einigen Stunden schon nicht mehr erkennen oder spüren kann, wissen wir jetzt noch nicht. „Wenn alle soweit sind, schlage ich vor, das wir loslegen. Wir gehen etwa eine Stunde über einen flachen Schotterweg bis zur Materialseilbahn. Da können wir die große Rucksäcke transportieren lassen und entspannt den Aufstieg zur Hütte angehen“, erklärt Alix. So gesagt, so getan. Bis auf zwei Freundinnen, die sich zusammen angemeldet haben, kennt keiner sich. Beim Wandern wird aber unabgebrochen miteinander gequatscht. Erst wenn der Anstieg steiler wird, wird es etwas leiser. Nach etwa zwei Stunden erreichen wir die Schwarzwasserhütte. „Grüßt euch!“ Hüttenwirt Dominik Müller kommt uns mit ausgestreckter Hand entgegen. „Schön, dass ihr da seid!“ Seinem breiten Grinsen kann man nur mit gleichem begegnen. „Eurer Gepäck ist schon da und in einer halben Stunde gibt’s Essen“, sagt Dominik an.
Yin Yoga & ein gemütlicher Abend auf der Schwarzwasserhütte
Nicht viel später sitzen wir an einem Holztisch mit Blick auf den Hohen Ifen. Vor uns stehen dampfende Teller Spaghetti mit hausgemachten Tomatensoße und frittierter Aubergine. „Lasst es euch schmecken“, sagt uns Alix. „Wir machen nachher eine Runde Yin Yoga, das schafft ihr auch mit vollem Bauch.“ Also genießen wir nicht nur die Nudeln, sondern auch den herrlichen Apfelkuchen mit Wallnusseis. Zufrieden sitzen wir später auf unseren Yogamatten im Seminarraum von der Hütte. Draußen herrscht mittlerweile Weltuntergangsstimmung und der Regen prasselt gegen die Fenster. „Yin Yoga ist ein sanfter und passiver Yogastil. Ich werde euch gleich durch verschiedene Posen anleiten, die wir dann für mehrere Minuten halten.“ Alix‘ aufgeweckte Stimme ist nun ruhiger geworden. Es fällt mir leicht, mich auf sie einzulassen. Meine erste Yin Yoga-Versuche sind vor einigen Jahren gescheitert: zu unruhig war ich. Ob es an nun an Alix Stil liegt oder ob es einfach perfekt in den heutigen Tag reinpasst: die Stunde Yin Yoga ist genau das, was ich gerade brauche. Die sitzende Vorbeuge, die Twists und die Kerze: wir bleiben lange in der gleichen Haltung und bewegen uns langsam. Durch das lange Halten der Asanas wird auch das tief liegende Bindegewebe erreicht und werden verklebte Faszien aufgelockert. Dadurch sollte die Energie wieder besser strömen. „Manche tun sich schwer mit der Stille, mit den eigenen Gedanken“, sagt Alix leise, „Dann kann es helfen, sich auf den Atem zu konzentrieren und immer gleich lange ein- wie auszuatmen.“ Ich bemerke, wie ich dadurch noch mehr runterkomme und wenn es Zeit für die Endentspannung ist, wüsste ich kaum, wie ich noch entspannter werden könnte. „Wir könnten jetzt bestimmt alle so ins Bett schweben“, sagt Alix lächelnd, „Ich möchte euch aber gerne noch einladen, den Tag in der Gaststube auszuklinken.“ Länger als ein Drink hält aber keiner mehr durch und noch bevor es Hüttenruhe herrscht, sind alle schon tief eingeschlafen.
Abenteuerwanderung auf den Hählekopf
Knappe sieben Stunden später stehen Katrin, Uli und ich schon wieder draußen. Das Hüttenteam hatte sich gestern ein bisschen über uns lustig gemacht, weil wir so früh aufstehen wollten, um den Sonnenaufgang zu erleben; wegen der Wolkendecke würde es kaum etwas zu sehen geben. Aber wir haben Glück. Einer nach dem anderen kommen die Sonnenstrahlen über den Bergrücken des Hohen Ifen und hüllen die Landschaft in ihren goldenen Schein. Die Tautropfen verwandeln sich in kleine, schimmernde Perlen. Es verspricht ein guter Tag zu werden.
Nach dem ausgiebigen Frühstück auf der Schwarzwasserhütte starten wir mit der Wanderung. „Habt ihr Lust auf ein bisschen Abenteuer?“ fragt Alix. „Hüttenwirt Dominik hat uns den Hählekopf empfohlen. Da sollte der Schnee weitestgehend schon weg sein. Aber wir würden teilweise durch wegloses Gelände wandern.“ Das klingt für alle perfekt. Bis zum Gerachsattel geht der Wanderweg, danach müssen wir unsere eigenen Pfade suchen. Wir überqueren kleinere Schneefelder und bücken uns, um durch das dichte Gebüsch zu gelangen. Plötzlich hören wir ein Knarren – ein Dinosaurier? Noch ganz so alt ist das Tier nicht, selten zu sehen aber schon: langsam entfernt sich das Alpenschneehuhn von uns. Wir lassen ihm Zeit, wollen ihn nicht aufscheuern. Erst wenn er weg ist, wandern wir die letzten Meter über den Bergrücken auf den Gipfel. Der 2058 Meter hohe Gipfel wird markiert mit einem Mini-Gipfekreuz aus zwei Teilen von einem Wanderstock, festgebunden mit einem Gummi. Das 360-Grad-Panorama auf die hunderte von Gipfel ist viel imposanter.
Beim Abstieg suchen wir wieder einen anderen Weg runter. An einer herausfordernden Stelle bittet uns Alix, die Gespräche zu unterbrechen und uns auf die Tritte zu konzentrieren. Wer mit dem Bergsteigen vertrauter ist, unterstützt diejenige, für die es noch eher Neuland ist, mit kleinen Hilfestellungen und ermutigenden Worten. Es ist erstaunend, wie Menschen, die sich noch keine 24 Stunden zuvor kennengelernt haben, so harmonisch miteinander unterwegs sind. Wir kommen näher an der Hütte und die Gespräche bleiben eine Weile aus. Sobald ich nicht mehr mit Quatschen abgelenkt bin, holen mich die Gedanken ein. Ich denke an den gestrigen Wörter Alix und konzentriere mich auf meine Schritte und meinen Atem. Die Gedanken verstummen. Dafür höre ich das Rauschen des Bachs und das Vogelgezwitscher umso lauter. Ich rieche den Geruch von aufgewärmten Nadelbüschen in der Sonne. Und apropos Sonne: die kommt mir gerade auch ganz intensiv vor.
Yoga mit Bergblick
Aber nicht mehr lange. Wenn wir an der Schwarzwasserhütte ankommen, treffen wir die Hüttenwirtin Tine. Sie läuft noch schnell auf den Berg, bevor das Gewitter kommt. Alix entscheidet, die Yogastunde vorzuziehen, sodass wir sie im Freien machen können. Wir rollen die Matten auf dem Rasen neben der Hütte aus. „Da wir heute schon eine Wanderung gemacht haben, tun wir unserem Körper etwas Gutes mit Rücken-Yoga. Der Schwerpunkt wird auf Übungen liegen, die unsere Wirbelsäule auflockern“, erzählt Alix und danach legt sie gleich los. Eine gute Stunde verknüpft Alix verschiedene Asanas zu einem flowigen Ablauf. Ich bemerke, wie der Körper zunächst kurz widerspricht: Hallo, wir waren doch gerade noch wandern? Dann lässt er sich auf die Bewegungen ein und entspannt sich mit jeder Haltung ein bisschen mehr. Ich höre das Rauschen des Wasserfalls, manchmal ein pfeifendes Murmeltier. Ansonsten fällt es mir heute ganz leicht, bei mir und meinem Atem zu bleiben. Ob das wohl der Effekt der Natur ist? „Dann könnt ihr euch jetzt gerne warm anziehen für die Endentspannung“, höre ich Alix sagen. Auf dem Rücken lausche ich noch ein bisschen die Naturgeräusche, dann gleite ich gedanklich in die Leere. Erst wenn Alix uns ganz leise zurück in die Realität holt, nehme ich meinen Körper wieder so richtig wahr. Der fühlt sich gut an. „Namaste“, beschließt Alix die Stunde.
Über Gipfelglück und Gewitter-Inferno
Den restlichen Nachmittag verbringen alle im eigenen Rhythmus. Während die dunklen Wolken zusammenkommen, setzte ich mich zusammen mit zwei anderen Frauen in die Hütte und esse Kuchen. Heute gibt’s Käsekuchen mit Rhabarber und Buchweizenkuchen mit Preiselbeeren. Wir bekommen einige der letzten Stücken von was heute insgesamt fünf große Kuchen waren. Die backt Hüttenwirtin Tine jeden Abend frisch für den nächsten Tag. Und das schmeckt man. Danach chillen wir noch ein bisschen draußen auf der Wiese, lesen ein paar Seiten und treffen uns eine Stunde vor dem Abendessen im Seminarraum. Dann stehe ich auf und mich überrascht das Körpergefühl. Wenn ich mich nach einer Bergtour hinsetze und danach aufstehen möchte, geht das meistens etwas ungeschmeidig. Jetzt merke ich gar nichts – das muss der wohltuende Effekt von Yoga sein.
Im Seminarraum erzählt Alix uns von ihren Expeditionen auf der ganzen Welt. Bergziege war sie aber nicht schon immer: als Hamburgerin kam sie erst während dem Studium in München über das Skibergsteigen so richtig zum Bergsport. Auf einen richtig hohen Berg ging es zum ersten Mal, als ihr Partner Luis Stitzinger gefragt hat, ob sie mit nach Nepal kommen möchte – da sollte er eine Expedition leiten. „Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, warum man irgendwo hinfliegen würde, um in die Berge zu gehen“, lacht sie. 25 Jahre lang bestieg sie mit ihrem Mann die höchsten Berge der Welt, darunter sieben 8000er. Doch es ist nicht die Höhe, die das Gipfelglück ausmacht, findet Alix. „Natürlich ist es etwas Besonderes, natürlich ist man stolz, wenn man auf einem 8000er steht. Aber es ist meine Liebe für Bergsport in der Natur, die mich treibt“, erzählt sie. Deshalb kann sie sich auch für eine Wanderung in den heimischen Bergen begeistern. Oder für die Abenteuer-Tour von heute. Beim Abendessen reden wir noch ein bisschen weiter. Alix erzählt von einer gescheiterten Expedition am Manaslu. „Nur 200 Meter unterhalb des höchsten Punktes mussten wir umkehren. Ein unvorhergesehenes Gewitter-Inferno machte uns einen Strich durch die Rechnung.“ Einige Jahre später probieren die beiden es nochmal, nun mit Erfolg. Auch der tödliche Unfall von ihrem Mann, nun fast genau ein Jahr her, kommt kurz zur Sprache. „Wir fanden uns im Bergsport und es waren 25 perfekte Jahre mit ihm“, sagt Alix. Ihr fast ständiges Lächeln verschwindet dabei kurz „Natürlich hätte ich gerne noch 25 solche Jahre mit ihm gehabt. Aber auch wenn ich jetzt der Rest meines Lebens ein Couchpotato werden würde, habe ich schon so unglaublich viel erleben dürfen.“ Das Lächeln kommt zurück. „Aber fürs Nichtstun bin ich gar nicht der Mensch. Ich bin lebensbejahend und gespannt, was der Zukunft mir bringt.“
Mit Sonnengrüßen und Bergmeditation in den Tag starten
Am nächsten Tag stehen wir wieder früh auf. Dieses Mal nicht, um uns den Sonnenaufgang anzuschauen, sondern für eine morgendliche Yogastunde. „Die Sonnengrüße hätte ich natürlich gerne mit euch draußen gemacht, aber der Regen hört erst später auf“, sagt Alix. Vielleicht können wir mit unseren Asanas dann die Sonne zu uns holen. Alix macht zunächst verschiedene kleine Übungen mit uns, die langsam zum Sonnengruß aufbauen. Daraus folgt dann schließlich der gesamte Flow. Dreimal wiederholen wir sie. Dann dürfen wir uns für die Bergmeditation hinsetzen. In dieser Visualisierungsübung werden wir dazu eingeladen, selbst zum Berg zu werden und uns dadurch mit seiner Stabilität, Ruhe und Unerschütterlichkeit zu verbinden. „Sitze wie ein Berg. Gerade, aufrecht und voller Kraft. Bei jedem Wetter, bei allem was passiert. Genieße noch mal die Stille und die Stabilität, die du in dir geschaffen hast…“ Danach lösen wir die Hände und öffnen die Augen. Startklar für den letzten Tag vom Yoga- und Wanderwochende!
Die Berge verbinden
Wir frühstücken gemeinsam und machen noch eine letzte kleine Tour, bevor wir wieder ins Tal absteigen. Heute steht das Steinmandl auf dem Programm. Der Aufstieg zum 1982 Meter hohe Berg dauert ab der Hütte eine kleine Stunde. Durch den vielen Regen der letzten Zeit ist der Weg matschig und rutschig, sonst stellt eigentlich nur das kleine Schneefeld kurz vor dem Gipfel uns vor einer kleinen Herausforderung. Zufrieden setzen wir uns am Gipfelkreuz. „Komm, lass noch ein Gruppenbild machen. Wie wäre es mit der Berg-Asana?“ schlägt eine vor. Danach steigen wir ab zur Hütte. Nach der Mittagspause ist es dann Zeit für die letzten Kilometer zurück ins Tal. Es wird noch mal ganz viel gequatscht und gelacht. Wenn andere Wanderer uns so sehen würden, könnten sie nie erahnen, dass wir uns erst seit 48 Stunden kennen. Die Berge verbinden. Und Yoga auch.
FAQ – Wochenende Yoga und Wandern mit Hüttenübernachtung von Amical Alpin
Ja! Du kannst dich alleine anmelden, aber natürlich auch zusammen. Die Gruppe besteht aus minimal 5, maximal 6 Personen.
Nein, auch Männer sind herzlich willkommen.
Alles was du für die Wanderungen und die Hüttenübernachtung brauchst. Eine Yogamatte, ein Yogaklotz und -gurt werden zur Verfügung gestellt. Auf der Webseite von Amical Alpin findest du eine genaue Packliste (fast ganz unten).
Das Wochenende kostet 375 € und beinhaltet zwei Übernachtungen in der Berghütte mit Halbpension, Gepäcktransport, drei Yogastunden, einen Vortrag von Alix von Melle und das Material für die Yogastunden. Die Kosten für Getränke und Mahlzeiten außerhalb der Halbpension und das Parken sind nicht im Preis enthalten.